Alltagssprache / Umgangssprache – Definition
Welche Definition liegt der Umgangssprache zugrunde?
Unter dem Begriff der Umgangssprache ist die Sprache des Alltags zu verstehen. Deshalb wird sie auch als Alltagssprache bezeichnet. Die Alltagssprache wird von allen Generationen verstanden und ermöglicht die alltägliche Kommunikation zwischen Menschen. Die Umgangssprache unterscheidet sich erheblich von der Standardsprache und wird dennoch meist in überregionalen Bereichen gesprochen.
Abgrenzung der Umgangssprache von der Standardsprache
Um die Umgangssprache und die Standardsprache voneinander unterscheiden zu können, ist es wichtig zu wissen, welche charakteristischen Eigenschaften die verschiedenen Sprachvarietäten haben. Mit Sprachvarietäten sind die verschiedenen Ausprägungen einer Sprache gemeint, die sich stetig weiterentwickeln und verändern können. Die Umgangssprache ist eine Sprachvarietät der Standardsprache, weil die Umgangssprache sich aus der Standardsprache entwickelt hat. Man könnte die Standardsprache auch als Oberbegriff der Umgangssprache bezeichnen.
Um mehr zum Thema der Sprachvarietäten zu erfahren, kannst Du Dir den Beitrag „Sprachvarietäten“ ansehen.
Die Standardsprache ist auch als Hochdeutsch bekannt. Das Hochdeutsche bzw. die Standardsprache ist die allgemein verbindliche Sprache, die auch in Bildungseinrichtungen wie der Schule, der Universität und auf der Arbeit verwendet wird. In diesen Bereichen wird das Hochdeutsch oder die Standardsprache auch in der schriftlichen Kommunikation wie in Mails, Briefen, Büchern etc. verwendet.
Der Unterschied zwischen der Standard- und der Umgangssprache besteht darin, dass die Umgangssprache vielmehr im privaten Umfeld, beispielsweise innerhalb der Familie, im Sportverein oder unter Freunden genutzt wird. Der schriftliche Gebrauch der Umgangssprache zeichnet sich primär in der Kommunikation über Handys, Computer und Chats aus.
Kriterium | Hochdeutsch | Umgangssprache oder Alltagssprache |
Geltungsrahmen | allgemein verbindlich = normiert | informelle Situation = private Kommunikation |
Gebrauchssituationen | Bildungseinrichtungen (Schule, Universitäten etc.) und Arbeit | privates Umfeld: Freunde, Familie, Sportvereine |
schriftlicher Gebrauch | Bücher, Briefe, Mails | Handys (Chats), Computer |
Unter informellen Situationen sind Situationen im privaten Bereich zu verstehen. Dabei spricht man auch von privater Kommunikation, die im privaten Umfeld, also innerhalb der Familie, des Freundeskreises und in Sportvereinen stattfindet.
Umgangssprache – Merkmale
Die Umgangssprache hat eine Fülle von Merkmalen, an der Du sie erkennen kannst. Welche Merkmale das sind, erfährst Du hier.
Fehler in der Grammatik
Eines der wichtigsten Merkmale der Umgangssprache ist die falsche Verwendung von grammatikalischen Formen. Dabei werden häufig Steigerungsformen falsch verwendet, Adjektive falsch gebildet und der Genitiv nicht korrekt benutzt.
Steigerungsformen
Das Wort "voll" hat beispielsweise keine Steigerungsform in der deutschen Sprache, trotzdem kann es in der Umgangssprache zur Verwendung des Wortes "vollsten" kommen.
→ Frau Müller hat zu unserer vollsten Zufriedenheit gearbeitet.
Ähnlich verhält es sich mit Wörtern wie neu, optimal, einzig, und bestmöglich. Alle diese Wörter haben keine offizielle Steigerungsform und dennoch bist Du vielleicht schon einmal über Formulierungen wie die folgenden gestolpert:
→ Mein Fahrrad ist neuer als deins.
→ Das war jetzt aber nicht die optimalste Lösung.
→ Mein einzigster Fehler war zu glauben, dass ich genug gelernt habe.
→ Das war die bestmöglichste Idee.
Falsche Bildung von Adjektiven
Ein häufig vorkommender Fehler tritt auch bei der Verwendung des Adjektivs orange auf.
→ Dein orangenes Kleid gefällt mir sehr gut. (falsch)
→ Dein oranges Kleid gefällt mir sehr gut. (korrekt)
Genitivbildung
Auch bei der Genitivbildung schleichen sich in der Umgangssprache häufig Fehler ein. Statt des Genitivs wird der Dativ verwendet.
→ Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen wegen dem Gewitter. (falsch = Dativ)
→ Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen wegen des Gewitters. (richtig = Genitiv)
Füllwörter
Ein weiteres Merkmal der Umgangssprache ist die häufige Verwendung von Füllwörtern. Füllwörter haben keine eigene Bedeutung und können in der gesprochenen Sprache Denkpausen markieren.
Häufig verwendete Füllwörter sind beispielsweise: eh, ähm, also, eben etc.
→ Ähm, ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll.
→ Das hat sie doch eh nicht so gemeint.
→ Also eigentlich wollte ich gerade eine Pause machen.
→ Dann bleibst Du eben heute mal zu Hause!
Die Satzstruktur der Umgangssprache
Die Umgangssprache ist also eine Sprachvarietät der Standardsprache, was bedeutet, dass sie von dieser abstammt. Aus diesem Grund ähneln sich der Satzbau der Umgangssprache und der Standardsprache. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass in der Umgangssprache meist kürzere Sätze verwendet werden. Wenn vermehrt kurze Sätze ohne viele Nebensätze vorkommen, wird das das auch als parataktischer Satzbau bezeichnet. Bei der Verwendung der Umgangssprache kann es auch zur Umstellung von Satzgliedern kommen. Das tritt besonders häufig innerhalb der Nebensätze auf.
Parataktischer Satzbau
Die folgenden Beispiele zeigen den Aufbau von parataktischen Sätzen:
→ Lass uns mal zum See fahren.
→ Ich mag die neue Lehrerin nicht. Die ist so streng.
Veränderte Satzstruktur
Die folgenden Sätze zeigen Dir beispielhaft, wie sich Satzstruktur der Standardsprache und die der Umgangssprache voneinander unterschieden können:
→ Ich hätte gerne eine Playstation, weil sie voll cool ist. (Standardsprache)
→ Ich hätte gerne eine Playstation, weil sie ist voll cool. (Umgangssprache)
Unter dem parataktischen Satzbau sind kurze und einfache Sätze zu verstehen, bei denen in der Regel keine Nebensätze vorkommen. Solche Sätze nennt man auch Parataxen. Spricht man von einer Hypotaxe oder dem hypotaktischen Satzbau, so ist genau das Gegenteil der Fall und die Sätze sind länger und komplexer in ihrer Struktur.
Wiederholungen
In der Umgangssprache kommt es zu Wiederholungen von einzelnen Wörtern oder einzelnen Sätzen. Das resultiert daraus, dass eine Sprecherin oder ein Sprecher meist eine Aussage tätigt, die einen bestimmten Nutzen oder eine bestimmte Ansicht verdeutlichen soll.
Vielleicht kennst Du es aus der Schule, dass Deine Lehrerin oder Dein Lehrer immer wieder betont, dass abwechslungsreich geschrieben werden soll. Beim Schreiben eines Textes wird mehr darauf geachtet, ob es Wortdopplungen oder Wiederholungen gibt. In der gesprochenen Sprache oder auch in der medialen Kommunikation steht die Kommunikation als solche und ihr Nutzen im Vordergrund, weshalb auch Wiederholungen vorkommen dürfen. Der Fokus liegt bei der Umgangssprache nicht auf dem Stil der Sprache, sondern auf ihrem Gebrauch.
→ Julia: "Kannst Du mir mal bitte die Butter geben?"
Marie: "Die Pizza ist echt der Hammer!"
Mert: "Da ist so viel Käse drauf, schmeckt mega."
Julia: "Leute, kann mir mal jemand die Butter geben?"
oder
→ "Ähm, also ich weiß noch nicht, was ich Julia schenken soll. Also vielleicht schenken wir ihr einfach einen Gutschein?"
Mit medialer Kommunikation ist die Kommunikation über die medialen Massenmedien wie beispielsweise das Fernsehen, Zeitungen und das Radio gemeint. Dazu zählen auch mediale Kommunikationswerkzeuge wie das Handy, Chatrooms und Emails.
Präzise Äußerungen
In der Umgangssprache kommen nicht nur häufig Wiederholungen vor und die Sätze sind eher kurz, sie sind zugleich auch besonders präzise. Darunter ist zu verstehen, dass keine weiteren Ausführungen zu einem Thema erfolgen. Schreibst Du etwa einen Aufsatz in der Schule oder hältst ein Referat, so leitest Du zunächst das Thema ein und gibst allgemeine Informationen. Solche Einführungen und Einleitungen fallen im Gebrauch der Umgangssprache weg.
→ Umgangssprache: "Ich war gestern Abend in dem neuen Spiderman-Film. Der war richtig gut."
→ Standardsprache: "Gestern Abend habe ich mir im Kino einen neuen Film der Spiderman Reihe angesehen. Dabei geht es um einen Mann, der die Fähigkeiten einer Spinne hat und dadurch zum Superhelden wird. Der Film hat mir gut gefallen, weil die 3D-Effekte super waren und der Film spannend war."
Umgangssprache – Beispiele
Die Umgangssprache muss aber nicht immer an der Satzstruktur, Fehlern in der Grammatik oder an Füllwörtern zu erkennen sein. Es gibt auch bestimmte Wörter, die nur in der Umgangssprache verwendet werden. Die Bedeutung dieser Wörter hat sich mit der Zeit normalisiert und ist allgemeingültig, also für viele Menschen verständlich geworden. Beispiele solcher Begriffe findest Du im Folgenden:
Kohle
Kohle bedeutet in der Umgangssprache häufig Geld. Der Begriff Kohle stammt aus dem 18. Jahrhundert und beschreibt eigentlich einen Brennstoff für einen Ofen. Ähnlich verhält es sich mit dem Alltag, denn ohne Geld kann nichts bezahlt werden.
→ "Wann bekommen wir endlich unsere Kohle?"
Tölpel
Ein Tölpel ist ein Seevogel, der bekannt für seine unbeholfene Gangart auf dem Festland ist. Menschen, die als Tölpel bezeichnet werden, sind ungeschickt und unbeholfen.
→ "Wie kann man so ungeschickt sein? Er ist so ein Tölpel!"
Schuhband
In der Umgangssprache wird statt des Wortes Schnürsenkel häufig das Wort Schuhband verwendet. Das setzt sich aus den zwei Wörtern Schuh und Band zusammen. Eine solche Zusammensetzung aus zwei verschiedenen Wörtern, die zu einem neuen verschmelzen, bezeichnet man auch als Kompositum. Das Wort Schuhband kommt in der Standardsprache nicht vor, obwohl es dasselbe ausdrückt wie das Wort Schürsenkel.
→ Mach Dir mal Dein Schuhband ordentlich zu, sonst fällst Du noch.
Mut
Das Wort Mut ist eine Abkürzung des Wortes Wagemut und hat sich mittlerweile sowohl in der Umgangssprache als auch in der Standardsprache eingebürgert. Das Wort Wagemut wird mittlerweile eher seltener verwendet.
→ Sei wagemutig!
→ Sei mutig!
Teufel
Eigentlich ist mit dem Wort Teufel ein Widersacher Gottes oder ein Dämon gemeint. Wenn jemand negative Charaktereigenschaften hat und beispielsweise hinterlistig, verlogen, jähzornig oder wütend ist, wird er oder sie umgangssprachlich auch als "Teufel" bezeichnet.
→ Lola war unglaublich wütend. Es steckt ein kleiner Teufel in ihr.
Prügel
Das Wort Prügel gab es schon im Mittelalter, allerdings war die Schreibweise damals eine andere: Brügel. Unter Prügel sind seit dem 18. Jahrhundert Schläge oder eine Bestrafung zu verstehen. Das Wort Prügel kommt eigentlich nur im Plural vor. Heute wird es allerdings in der umgangssprachlichen Singularform Prügelei verwendet.
→ Hast Du von der heftigen Prügelei am Potsdamer Platz gehört?
→ Kevin hat ordentlich Prügel einstecken müssen.
Möchtest Du mehr zur Wortbildung und zu den Komposita erfahren, dann sieh Dir gerne den Beitrag zur "Wortbildung" an.
Umgangssprache – Das Wichtigste
- Unter der Umgangssprache ist die Sprache des Alltags bzw. die Alltagssprache zu verstehen.
- Die Umgangssprache wird meist in privaten Bereichen, wie der Familie, dem Freundeskreis oder Sportvereinen verwendet und kommt daher in informellen Situationen vor.
- Im schriftlichen Gebrauch findet man die Umgangssprache besonders über mediale Kommunikationswege wie übers Handy, den Computer und grundlegend in Chats statt.
- Merkmale der Umgangssprache:
- Die Umgangssprache lässt sich an Fehlern in der Grammatik erkennen. Zu diesen zählen falsche Steigerungsformen, die falsche Bildung von Adjektiven und die fehlerhafte Verwendung des Genitivs.
- Die Umgangssprache ist geprägt von Füllwörtern wie ähm, eh, eben, also etc.
- In der Umgangssprache kann es zu mehrfachen Wiederholungen kommen, weil der Stil der Äußerung nicht von Bedeutung ist, sondern der kommunikative Zweck.
- Gleiches gilt für die Präzision der umgangssprachlichen Äußerungen. In der Umgangssprache ist es nicht notwendig, eine Einleitung oder Einführung in das Thema zu geben. Die Sätze in der Umgangssprache sind kurz (Parataxen).
- Umgangssprachliche Wörter sind z. B. Kohle, Prügelei, Teufel, Mut, Schuhband, Tölpel etc.
Nachweise
- https://gfds.de: Kohle für Geld. (20.06.2022)
- https://www.businessinsider.de: Grammatikfehler, die sogar schlaue Menschen machen. (20.06.2022)
- https://www.dwds.de: Prügel. (20.06.2022)
- https://learngerman.dw.com: Komposita. (20.06.2022)
- https://dein-sprachcoach.de: Umgangssprache und Alltagssprache. (20.06.2022)
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